HP Compact  |  im November 2018  |
Petra Debring, Rechtsanwältin in Hannover,
Fachanwältin für Steuerrecht |

 

In vielen Fällen möchten Erblasser sicherstellen, dass ihre Entscheidungen zu ihrem Vermögen von ihren Erben entsprechend umgesetzt werden. Eine solche Absicherung für kurze Zeit – oder auch auf lange Jahre –  ist mit einer Testamentsvollstreckung möglich.

Zum 01. September 2009 wurden wichtige Verfahrensvorschriften zur Testamentsvollstreckung geändert:  so bestimmt sich die Zuständigkeit bei internationalen Fällen jetzt allein nach der örtlichen Zuständigkeit.

Eine wichtige Neuerung ist auch durch die Erbrechtsreform zum 01. Januar 2010 eingeführt worden: Für Ansprüche zwischen Testamentsvollstrecker und Erben gilt nun die kurze 3-jährige Verjährungsfrist,  während die alte gesetzliche Regelung von einer 30-jährigen Verjährung ausging. Voraussetzung für die Neuregelung ist, dass der Haftungstatbestand nach dem 31.012.2009 entstanden ist.

 

Grundsätzliches zur Anordnung

Die Anordnung der Testamentsvollstreckung ermöglicht dem Erblasser eine sehr weit reichende Einflussnahme über seinen Tod hinaus. Wie bei allen Regelungen, die im Voraus für die Zukunft getroffen werden, kommt es dabei auf die richtige Dosierung und Zusammenstellung an. Daher sollte sich der Erblasser mit dieser sehr einschneidenden Maßnahme und den damit verfolgten Zielen und Auswirkungen bewusst auseinandersetzen.

In der Praxis gewinnt die Testamentsvollstreckung wegen der immer stärker wachsenden rechtlichen Probleme und der immer größer werdenden Nachlässe mehr an Bedeutung.

Die Testamentsvollstreckung ist in der Regel eine vom Erblasser im Rahmen einer letztwilligen Verfügung, getroffene Anordnung. Alternativ kann die Testamentsvollstreckung aber auch durch einen vom Erblasser ermächtigten Dritten oder durch das Nachlassgericht aufgrund eines entsprechenden Ersuchens des Erblassers im Testament bestimmt werden.

Der Erblasser kann mehrere Testamentsvollstrecker zur gemeinschaftlichen Amtsführung bestimmen und er kann einen Ersatztestamentsvollstrecker benennen. Auch kann die Auswahl eines Testamentsvollstreckers dem Nachlassgericht oder einem beliebigen Dritten überlassen werden. Auch Ehegatten und Miterben dürfen eine Testamentsvollstreckung übernehmen.

Aus Gründen der Klarheit sollten der oder die Testamentsvollstrecker im Testament ausdrücklich bezeichnet werden. Der Erblasser sollte gut abwägen, welches Konfliktpotential er schafft, wenn er einen Testamentsvollstrecker beruft, der den übrigen Erben nicht als unparteiisch erschein (z.B. Miterben).

Der Erblasser hat die Möglichkeit, die Befugnisse des Testamentsvollstreckers zu beschränken, z.B. auf einen einzigen Nachlassgegenstand, auf die Verwaltung des Nachlasses oder auf einen bestimmten Erben. Aber auch eine Erweiterung ist möglich. Er kann eine sog. Dauervollstreckung bis zu maximal 30 Jahren anordnen oder eine Befreiung von der Beschränkung in der Eingehung von Nachlassverbindlichkeiten. Das Verbot der Schenkungen aus dem Nachlass kann jedoch nicht aufgehoben werden.

Der Testamentsvollstrecker muss geschäftsfähig sein, eine Verpflichtung das Amt anzunehmen besteht nicht.

 

Zweck der Testamentsvollstreckung

In folgenden Fällen ist eine Anordnung einer Testamentsvollstreckung sinnvoll, im die Ziele einer Verfügung von Todes wegen auch zu erreichen:

  • Schutz des Nachlasses gegen den Zugriff durch einen ungeeigneten, böswilligen oder geschäftlich unerfahrenen Erben
  • Bei minderjährigen Erben als Schutz vor dem Zugriff des gesetzlichen Vertreters der hierfür als ungeeignet angesehen wird vor allem bei einem Geschiedenentestament
  • Einräumung einer bevorzugten Stellung für einen Erben (z.B. für den Ehegatten)
  • Vereinfachung der Abwicklung (Erbauseinandersetzung) und Vereinfachung der Verwaltung (Verwaltungsanordnung) bei einer großen Anzahl von Erben oder bei Auslandsbezug
  • Die Erfüllung von Vermächtnissen und Auflagen
  • Einbringung von Sachkunde und Kompetenz durch einen versierten Testamentsvollstrecker bei schwierigen und umfangreichen Nachlässen

Mit der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers kann der Erblasser eine Absicherung seines testamentarischen Willens und – insbesondere bei mehreren Erben und Vermächtnisnehmern – eine ordnungsgemäße Abwicklung des Nachlasses erreichen. Die Testamentsvollstreckung kann helfen, Ansprüche von  Erben und Vermächtnisnehmern zu schützen sowie ungewollte Einflussnahmen „böswilliger“ Erben auf den Nachlass und dessen Auseinandersetzung zu verhindern. Auch kann der Erblasser bei Anordnung andauernder Verwaltung des Nachlasses durch den Testamentsvollstrecker eine Zerschlagung seines Nachlasses langfristig verhindern.

Dabei sollten die Nachteile der Testamentsvollstreckung nicht übersehen werden:

Die Machtfülle des Testamentsvollstreckers kann dazu führen, dass den Erben jede Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis entzogen wird. Hier hat der Erblasser jedoch weitreichende einschränkende Gestaltungsmöglichkeiten.

Der Testamentsvollstrecker unterliegt keiner direkten gerichtlichen Kontrolle, auch sind die gesetzlichen Kontrollmöglichkeiten gering.

Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt erst mit der Annahme. Bis dahin kann wertvolle Zeit verstreichen und den Nachlass insbesondere in der Anfangsphase praktisch lahmlegen. Hier sollte Abhilfe durch entsprechende Vollmachten geschaffen werden.

 

Aufgaben und Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers 

Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers besteht in der Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange. Sie ist damit keine Rechtsberatung und kann grundsätzlich von jedermann ausgeübt werden. Dies ist mit Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes am 1. Juli 2008 bestätigt worden. Hierin hat der Gesetzgeber ausdrücklich jedermann die Ausübung der geschäftsmäßigen Testamentsvollstreckung gestattet.

Der Erblasser kann in sehr großem Maße die zeitlichen und gegenständlichen Grenzen, also das „wie“ der Testamentsvollstreckung nach seinen Vorstellungen bestimmen. Die Probleme in der praktischen Durchführung ergeben sich zum großen Teil dadurch, dass die Befugnisse des Testamentsvollstreckers im Gesetz nur sehr allgemein beschrieben sind.

Die Zulässigkeit der Maßnahmen des Testamentsvollstreckers bestimmt sich aufgrund der vom Erblasser getroffenen Anordnungen und dadurch, dass konkrete Tätigkeiten oft fehlen, durch einen Rückgriff auf die vom Erblasser verfolgten Zwecke und Ziele. Durch eine funktionale Betrachtungsweise wird häufig erst der konkrete Umfang der Verwaltung durch den Testamentsvollstrecker ermittelt.

In der Praxis empfiehlt es sich deshalb, die unbedingt notwendigen Bestimmungen in die letztwillige Verfügung aufzunehmen:

  • welche allgemeinen und konkreten Aufgaben hat die Testamentsvollstreckung?
  • Welche Maßnahmen sind dazu geeignet, notwendig oder erforderlich und angemessen?

Nach der heutigen Auffassung ist der Testamentsvollstrecker ein Treuhänder und Inhaber eines privaten Amtes. Dieses Amt wird vom Erblasser übertragen und beinhaltet ein Verwaltungs- und Verfügungsrecht über den Nachlass und zwar unabhängig vom Willen der Erben. Der Testamentsvollstrecker ist deshalb wegen dieser selbständigen Rechtsstellung weder Vertreter der Erben noch Vertreter des Erblassers, sondern übt sein Amt aufgrund eines gesetzlichen Pflichtverhältnisses eigener Art aus. Jedoch ist unabhängig von dieser Amtsfunktion die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers  der eines gesetzlichen Vertreters angenähert.

Das Verhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben lässt sich wie folgt beschreiben:

  • Es besteht ein gesetzliches Schuldverhältnis.
  • Die Testamentsvollstreckung ist eine Beschränkung der Rechtsstellung der Erben.
  • Der Testamentsvollstrecker hat gegenüber den Erben ein Recht auf Herausgabe des Nachlasses, Ersatz seiner notwendigen Aufwendungen und auf eine angemessene Vergütung.
  • Die gesetzlichen Pflichten des Testamentsvollstreckers gegenüber den Erben sind zwingend.

Nicht im Gesetz geregelt sind die Fälle eines Interessenkonfliktes zwischen Erben und Testamentsvollstrecker. Eine echte Inkompatibilität besteht bei der Kombination von Testamentsvollstreckung mit der Anordnung der Vor- und Nacherbschaft. Der alleinige Vorerbe kann weder zum Nacherbentestamentsvollstrecker noch zum einzigen Testamentsvollstrecker eingesetzt werden. Bei Interessenkonflikten hinsichtlich einzelner Geschäfte werden meist die Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht angewandt. Die Rechtsprechung weicht bei einem dauerhaften Interessenkonflikt meist auf eine Entlassung des Testamentsvollstreckers aus.

Die grundsätzlichen Aufgaben des Testamentsvollstreckers kann man wie folgt zusammenfassen:

  • Die Sicherung und Ermittlung des Nachlasses,
  • Die Kontaktaufnahme mit den Erben und dem Nachlassgericht,
  • Die Erstellung des Nachlassverzeichnisses,
  • Die Kontaktaufnahme mit den Gläubigern des Erblassers,
  • Die Verwaltung des Vermögens und die Geldanlage,
  • Prozessführung,
  • Die Erfüllung von Vermächtnissen, Auflagen und Pflichtteilsansprüchen,
  • Die Abgabe der Steuererklärungen,
  • Die Auseinandersetzung des Nachlasses,
  • Die Beendigung des Amtes.

 

Vergütung des Testamentsvollstreckers

Ob und in welcher Höhe der Testamentsvollstrecker eine Vergütung erhält, bestimmt allein der Erblasser. Aufgrund der gesetzlichen Regelung erhält er eine angemessene Vergütung, soweit der Erblasser nichts anderes bestimmt hat. Eine gerichtliche Überprüfung dieser Anordnung findet nicht statt. Es gibt keine gesetzliche Gebührenordnung für Testamentsvollstrecker. Ist der Testamentsvollstrecker mit der Anordnung des Erblassers nicht einverstanden, so bleibt ihm nur die Möglichkeit, die Testamentsvollstreckung ganz abzulehnen bzw. zu kündigen oder mit den Erben eine Vereinbarung über die Art und Weise der Vergütung auszuhandeln.

Bei Bestimmung eines Angehörigen der rechtsberatenden Berufe wird sicherlich eine „angemessene Vergütung“ geschuldet.

Die einfache Verweisung hinsichtlich der Vergütung auf die üblichen Tabellen zur Testamentsvollstreckervergütung bieten sich nicht an, da sich diese Richtlinien bis zum Erbfall ändern können oder die tatsächlichen Verhältnisse ändern sich bis zum Zeitpunkt des Erbfalls. Dieser Problematik wird am besten eine Vergütungsanordnung gerecht, die möglichst viele Zu- und Abschläge vorsieht. Dies ist bei den Empfehlungen des Deutschen Notarvereins der Fall.

Die Bemessung einer angemessenen Vergütung richtet sich in erster Linie nach der Vollstreckungsaufgabe. Es sind aber auch noch andere Kriterien zu berücksichtigen:

  • Nachlassbezogene Kriterien, wie Art, Bruttowert und Umfang des Nachlasses,
  • Zeitbezogene Merkmale, wie Dauer der Vollstreckung,
  • Tätigkeitsbezogene Merkmale, wie Umfang und Schwierigkeit und das Erfordernis besonderer Kenntnisse bei der Durchführung,
  • Verantwortung (Haftungsgefahr),
  • Der erzielte Erfolg,
  • Interessenausgleich zwischen Erben und Testamentsvollstrecker,
  • Steuerbelastung der Vergütung durch die Umsatzsteuer.

Als Grundmodelle kommen wie bei der Tätigkeit anderer Vermögensverwalter, die Wertvergütung, die Zeitvergütung und eine Vergütung nach einem Festbetrag in Betracht.

 

Haftung des Testamentsvollstreckers

Der Testamentsvollstrecker ist zu sorgfältiger und gewissenhafter Ausführung der ihm obliegenden Aufgaben verpflichtet. Die Haftungsvoraussetzungen sind:

  • Eine objektive Pflichtverletzung,
  • Verschulden: Vorsatz oder Fahrlässigkeit,
  • Kausal verursachter Schaden.

Dabei richtet sich der Maßstab nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches, nämlich ein objektiver Sorgfaltsmaßstab. Dieser beruht auf dem Vertrauensgrundsatz, dass jeder sich darauf verlassen können muss, dass der andere die für die Erfüllung seiner Pflichten erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse besitzt und dass er seine Aufgaben mit der Umsicht und der Sorgfalt erfüllt, die nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger der in Betracht kommenden Verkehrskreise zu beachten ist.

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